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Liebende Güte

Mitgefühl ist in uns allen angelegt – zunächst und zuallererst als ein natürliches Bedürfnis, selbst Mitgefühl zu erfahren. Wir kommen hilflos auf diese Welt und sind völlig angewiesen auf andere. Sobald wir das Licht der Welt erblicken und uns umsehen, sehnen wir uns danach, Anzeichen von Freundlichkeit und Zuwendung in den Gesichtern der Menschen zu erblicken, die sich uns zuwenden. Nehmen wir dies wahr, lachen wir vor Freude (innerlich und äußerlich). Vermissen wir sie, entsteht schnell Verunsicherung und sehr bald folgt daraus auch seelischer Schmerz. 

Von Anfang an gehen wir davon aus, dass Mitgefühl und Freundlichkeit irgendwie vorhanden sein müssen als selbstverständliche Basis im menschlichen Miteinander. Doch wir bekommen in aller Regel ziemlich schnell (und immer wieder) zu spüren, dass dies nicht oder nur mit Einschränkungen der Fall ist. 

Mitgefühl ist nach den Lehren des Buddhismus ein Aspekt unserer Wahren Natur und ist in dem Maße vorhanden, wie es nicht von subjektiven und ichbezogenen Emotionen überlagert bzw. blockiert wird. Es kann strahlen wie Sonne am wolkenlosen Himmel und ebenso verdeckt sein von den grauen Wolken unserer Gedanken oder verschiedensten emotionalen Zuständen. In allen Kulturen (vor allem in den naturverbundenen) und in allen Religionen kennt man eine Haltung von Güte, Freundlichkeit, Liebe und Mitgefühl. Auch Tiere (und sogar Pflanzen und Pilze) zeigen deutliche Fürsorge füreinander. 

Mitgefühl ist eine natürliche Geisteshaltung, die angeboren ist. Und dennoch kann sie abwesend sein. Sie kann verdrängt, vergessen oder vernachlässigt werden und wir alle kennen Phasen im Leben, in denen sich gegenteilige Einstellungen entwickeln und sich Herzlosigkeit oder emotionale Distanziertheit zeigen. 

So wie wir als lebendige Wesen einen Körper haben, der vernachlässigt und hungrig oder gepflegt und genährt sein kann, so können auch geistige Qualitäten wie Mitgefühl mehr oder weniger ausgeprägt sein. Die gute Nachricht: Wir können Mitgefühl gezielt „hervorbringen“, trainieren und in uns kultivieren. Neurowissenschaftliche Forschungen haben ergeben, dass ein Teil unseres Gehirns für das Mitgefühl zuständig ist: Entsteht Mitgefühl in einem Menschen, so werden besonders Bereiche im präfrontalen Kortex aktiviert und je mehr wir uns in Mitgefühl üben, umso intensiver wird dieser Bereich angeregt. 

Wollen wir unsere Welt und unsere Kultur wieder ein wenig menschlicher, offener und mitfühlender machen, dann macht es Sinn sich in positiver Haltung zu üben. Mitgefühl ist eine der wichtigsten Qualitäten unseres Zusammenlebens. Mitgefühl steht für eine innere Haltung „mit Gefühl“, mit intensivem inneren Spüren, mit einem erfüllenden Erleben, um sich dann in Handlungen mit dem Geist, der Sprache und dem Körper, d.h. konkreten Taten, zu entfalten.